Die Verteidigung in der Strafvollstreckung und im Strafvollzug fristet im Verhältnis zu den Verteidigungsaktivitäten im Ermittlungs-, Zwischen (Anklage liegt beim Gericht)-, Haupt (Hauptverhandlung)- und Rechtsmittelverfahren (Berufung / Revision) immer noch ein Schattendasein.
In der Praxis ist zu beobachten, dass nicht selten mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils die Motivation der Verteidigung, weitere Verteidigungsaktivitäten für den Mandanten zu entfalten, sinkt. Ein nicht unwesentlicher Grund hierfür dürfte der finanzielle Aspekt sein. In den Wahlmandatsfällen haben die Mandanten zumeist sämtliche finanzielle Möglichkeiten ausgeschöpft, um ihr Verteidigungsziel im Erkenntnis- bzw. noch im Rechtsmittelverfahren zu erreichen. Es fehlt dann schlichtweg das Geld für eine erneute Honorarvereinbarung im Strafvollstreckungsverfahren. Die gesetzlichen Gebühren sind zwar durch das RVG aufgebessert worden. Aber auch diese sind gerade dann, wenn der Mandant in Haft ist, in der Regel nicht aufzubringen. Die Beiordnungspraxis als Pflichtverteidiger im Vollstreckungsverfahren (§ 140 Abs. 2 StPO analog) ist mehr als restriktiv („ans Schikanöse grenzende Bewilligungspraxis“).
Kurzum: Es besteht die Gefahr, dass der Mandant in der Strafvollstreckung allein gelassen wird.
Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Verteidigung in der Strafvollstreckung oftmals bereits vor dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils beginnt (z.B. Verurteilung zu Verwarnung mit Strafvorbehalt anstatt zu Geldstrafe über 90 Tagessätzen – Verwarnung mit Strafvorbehalt wird nicht in das Führungszeugnis eingetragen; Außervollzugsetzung Haftbefehl - Mandant wird Selbststeller, Vollzugslockerungen; Einführung günstiger Strafzumessungserwägungen in das Urteil für Entscheidungen über die Aussetzung der Vollstreckung von Reststrafen gem. §§ 57, 57a StGB; Einflussnahme auf Umrechnungsmaßstab bei erlittener Haft im Ausland).
Insofern sind Fragen der Verteidigung bzgl. einer etwaigen Vollstreckung von Geld- oder Freiheitsstrafe oftmals schon vor dem Abschluss des Verfahrens durch Eintritt der Rechtskraft des Urteils mit der Mandantschaft zu erörtern.